Ottos Weblog Juli 2006

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Friday, July 14, 2006

Überzogen, gefährlich, zerstörerisch

So ist der heutige Leitartikel des GUARDIAN zu der —angeblichen— Reaktion Israels auf die Entführung zweier Soldaten von seinem Territorium durch die südlibanesische Hisbollah überschrieben. Und schon der erste Satz legt den Schwerpunkt auf das, worum es wirklich geht: den Tod unschuldiger Menschen durch eine völlig überzogene Reaktion einer militärisch überlegenen Macht auf Provokationen terroristischer Splittergruppen:

"Israel’s massive onslaught on Lebanon has already killed scores of people, most if not all unconnected to the Hizbullah guerrillas who attacked across the international border early on Wednesday morning, killing eight soldiers and capturing two others." Disproportionate, Dangerous, Destructive
Der Artikel verweist darauf, daß die Zerstörung der zivilen Infrastruktur verbrecherisch und illegal ist. Das betrifft sowohl den Libanon wie auch die besetzten Gebiete und die Reaktion auf die Entführungen hat Israel in eine Falle derjenigen tappen lassen, die darauf aus sind, es von der Landkarte zu streichen.

Es ist bedauerlich, daß durch diese Aktionen, die einen erheblichen Blutzoll an wirklich überwiegend unschuldigen Opfern unter den Ärmsten der Armen in den besetzten Gebieten und den Schiitenviertel Beiruts fordern, wieder der Eindruck entsteht, daß ein moslemisches Leben gegenüber einem christlichen oder jüdischen Leben nichts gilt.

Wahrscheinlich hätte der Westen kaum reagiert, wenn Israel auf die Entführungen mit einigen, gegen ganz bestimmte Personen gerichtete Aktionen reagiert hätte. So aber hagelt es Kritik und Israels Position hat sich verschlechtert. Zwar werden die USA auch weiterhin jede Verurteilung Israels durch die Vereinten Nationen verhindern, man muß aber kein Prophet sein, daß es hier längst ein Quid pro quo gibt und daß sowohl Russland wie auch China andererseits die Verurteilung des Irans durch die Weltgemeinschaft nicht zulassen werden. Die Zeit arbeitet gegen den Westen und Herr Ahmadinedschad lacht sich ins Fäustchen.

Aber so wie man Israel seine Besatzungs— und Militärpolitik vorhalten muß, muß man die libanesische Regierung dafür kritisieren, daß sie es duldet, daß die Hizbollah im Süden des Landes einen Staat im Staate betreibt und keine Hemmungen hat, von libanesischem Gebiet aus Raketen auf Nordisrael abzuschiessen. Schon die Tatsache allein, daß dies anscheinend jederzeit in großem Umfang möglich war (wie der gegenwärtige Raketenhagel beweist), rechtfertigt selbstverständlich einen israelischen Angriff auf die militärischen Strukturen der Hizbollah, niemals aber auf zivile Ziele wie den Flughafen von Beirut und noch viel weniger auf Wohngebiete.

Mit dem Douglas Adams —Zitat "Und danke für den Fisch" überschreibt der SPIEGEL einen Artikel zum Besuch des US—Präsidenten im Wahlkreis der Kanzlerin. Hierzu passt vielleicht die Geschiche des "Bush–Piloten" ganz gut (with English subtitles: here ). Auch Frau Merkel und George W. Bush müssen sich fragen lassen, was sie in letzter Zeit für den Frieden im Nahen Osten getan haben. Die Veranstaltung von medienwirksamen Grillparties und der Besuch sicherlich spannender Fußballspiele durch die Kanzlerin ist eigentlich zu wenig.

Musikalisch möchte ich auf einige sehr unterschiedliche Einträge auf meiner Lieblings Prog–Rock Seite verweisen. Da ist zum einen endlich ein Stück von Emtidi zu hören: "Saat" (1972). Auch Al Di Meolas "Flight to Rio" (1976) fand ich seinerzeit recht ansprechend. Und weiterhin habe ich meine Liebe zu einer gewissen Form von symphonischem Hardrock wiederentdeckt: Nightwish – hier im Video und Live .

Monday, July 24, 2006

Against the Day

Endlich ist es soweit! Für die weltweite "Gemeinde" der Fans Thomas Pynchons (um gleich auf einen aktuellen Streit auf Pynchon Liste zu verweisen) ist dieses Jahr wirklich Weihnachten. Der neue Roman des "Großen Unbekannten", wie Pynchon ob seiner vermeintlichen Medienscheu von diesen gerne genannt wird, wird am 5. Dezember 2006 erscheinen.

Es gab ein wenig Verwirrung um die zuerst auf der Amazon–Seite veröffentlichte, von Pynchon selbst verfasste "Buchbeschreibung" zu dem Roman, weil dieser Text nach einem Tag mit einem Mal wieder von der Seite verschwunden war, so daß die üblichen Paranoiker einen Hackerangriff oder den üblichen Internet–Hoax vermuteten. Zwei Tage später war der Text wieder da, alle möglichen Tageszeitungen in den USA haben ihn zitiert und er kann getrost als authentisch angesehen werden.

Der Roman wird, so Pynchons Ankündigung, die Zeitspanne zwischen der Weltausstellung von Chikago 1893 und den Nachkriegsjahren des Ersten Weltkrieges umfassen und den Leser von den Streiks der Minenarbeiter in Colorado (1894) über das New York der Jahrhundertwende, nach London und Göttingen, Venedig und Wien, den Balkan, Zentralasien, Sibirien zur Zeit des Tunguska Zwischenfalls (1908), Mexiko zur Zeit der Revolution (1910-17), das Paris der Nachkriegsjahre, Stummfilm-Hollywood sowie an "ein oder zwei Orte" führen, die sich genau genommen nicht auf der Karte befinden.

Während eine weltweite Katastrophe nur wenige Jahre in der Zukunft lauert, so Pynchon weiter, ist dies eine Zeit uneingeschränkter unternehmerischer Gier, falscher Religiösität sowie debiler Nutzlosigkeit und böser Absichten der herrschenden Eliten. Sein Hinweis, daß hiermit keine Referenz an gegenwärtige Zustände gemeint sei oder hieraus gefolgert werden sollte, klingt wie eine Satire auf ein Dementi, von dem jeder weiß, daß es falsch ist.

Wie bei Pynchon üblich gibt es auch wieder eine ansehnliche Anzahl von Figuren: Anarchisten, Ballonfahrer, Spieler, Wirtschaftsbosse, Drogenenthusiaten, "innocents and decadents", Mathematiker, verrückte Wissenschaftler, Shamanen, medial Veranlagte, Bühnenzauberer, Spione, Detektive, Abenteurerinnen und Mietkiller. Und es gibt Kurzauftritte von Nikola Tesla (dessen Forschungen manche für den Tunguska–Zwischenfall verantwortlich machen wollten), Bela Lugosi und Groucho Marx.

Die Figuren sind also damit konfrontiert, daß sie in einer Zeit leben, in der eine Ära zuende ging, die von Sicherheiten und dem Glauben an feststehende Gewißheiten geprägt gewesen war:

"these folks are mostly just trying to pursue their lives. Sometimes they manage to catch up; sometimes it's their lives that pursue them."

"Diese Leute versuchen größtenteils nur, ihrem Leben nachzugehen. Manchmal holen sie auf, machmal ist es ihr Leben, das sie verfolgt."

Währenddessen, so Pynchon höchst selbstironisch, geht der Autor seinem üblichen Geschäft nach: Figuren hören damit auf, das zu tun, was sie gerade tun, um größtenteils dümmliche Lieder zu singen, merkwürdige Sexualpraktiken werden gepflegt, obskure Sprachen werden, nicht immer idiomatisch, gesprochen, tatsachenwidrige Ereignisse geschehen.

Wenn es nicht die Welt ist, so Pynchon, ist es das, was die Welt mit einer oder zwei geringfügigen Veränderungen sein könnte. Es gibt Leute (so Pynchon in einer Anspielung u.a. auf John Barth), die sagen, dass dies einer der Hauptzwecke der Literatur sei.

"Let the reader decide, let the reader beware. Good luck."
Wir können es kaum erwarten!

God, we adore Pynchon fansThe Pynchon Puzzle’s Next ClueThomas Pynchon, Viral Mastermind
Pynchon on the MountaintopDecember Launch for Thomas Pynchon’s latest Novel
Neuer Roman vom großen Unbekannten

Tuesday, July 25, 2006

Zensur in Deutschland

Es ist wirklich unglaublich, daß der Schriftsteller Maxim Biller drei Jahre nach dem Verbot seines Romans "Esra" nun also auch noch auf Schadenersatz verklagt wird:

Die beiden Damen, die sich in "Esra" porträtiert und in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sahen und so erfolgreich gegen das Buch vorgingen (wer waren die beiden noch mal?), haben noch nicht genug — sie klagen jetzt auf eine Geldentschädigung für ihr vorgeblich erlittenes Leid von mindestens 100.000 Euro, die Maxim Biller und sein Verlag zahlen sollen. Gerrit Bartels: Gegen den Ruin der Literatur
Billers Schriftstellerkollege Daniel Kehlmann beleuchtet den Aspekt, daß es diverse Werke der Weltliteratur nicht geben würde, wenn man den Maßstab, den das Gericht an "Esra" angelegt hat, angewendet hätte:
Das Traurigste an diesem Fall ist, daß alles, was man darüber sagen kann, schon während des Aussprechens zur Binsenweisheit wird: Daß alle Dichter, wie reich ihre Erfindungsgabe auch ist, aus dem Leben schöpfen, und einige der bedeutendsten Bücher, wären solche Maßstäbe angewendet worden, nicht hätten erscheinen dürfen, „Die Leiden des jungen Werther“, „Vanity Fair“, „A la recherche du temps perdu“, „Die Buddenbrooks“. Ein Autor wird vernichtet
Mehr als einhundert Personen aus Kunst und Kultur haben einen Aufruf unterzeichnet, in dem sie ihre Solidarität mit dem gescholtenen Autor ausdrücken:
"Esra" ist ein verbotenes Buch.

Es wird nicht vertrieben, nicht verkauft, es wird also auch nicht gelesen. Und das heisst, dass es "Esra" gar nicht gibt.

Zwei Frauen haben gegen Maxim Billers Roman geklagt, weil sie, einerseits, sich wieder zu erkennen glaubten. Und andererseits fanden sie sich nicht richtig, nicht wahrheitsgetreu beschrieben. Die Gerichte haben ihnen durch alle Instanzen, bis hinauf zum Bundesgerichtshof, recht gegeben. "Esra" ist also verboten: erstens, weil die Klägerinnen darin vorkommen. Und zweitens, weil sie es gar nicht sind. Protest, Entsetzen und Empörung angesichts dieser Urteile hielten sich in Grenzen — obwohl doch auch das Verbot von Alban Nikolai Herbsts Roman "Meere" beweist, dass solche Verfahren jedem drohen, der sein Leben als Material für sein Literatur verwendet.

Jetzt, mehr als drei Jahre nach dem Verbot des Buchs, klagen die beiden Frauen auf Geldentschädigung. Maxim Biller und sein Verlag sollen zusammen mindestens 100 000 Euro bezahlen. So hoch also soll der Schaden sein, den angeblich ein Buch angerichtet hat, das doch niemand kaufen, niemand lesen kann. Ein Buch, das gar nicht existieren darf. Ü b e r 1 0 0 N a m e n g e g e n 1 0 0 . 0 0 0 E u r o

Wenn der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht landet, sollte der Verlag neben guten Anwälten auch ein paar Literaturprofessoren als Sachverständige aufbieten, die zu dem Begriff "Fiktionalität" etwas sagen. Dann wäre der Fall sicherlich schnell vom Tisch und "Esra" könnte erscheinen. Dann könnte Biller den Spieß umdrehen und seinerseits eine Schadenersatzklage erheben.

Interessant ist natürlich auch, daß einige der ausgelieferten Exemplare des Romans selbstverständlich erhältlich sind und sogar bei Amazon verkauft werden. Warum das nun wieder erlaubt ist, obwohl der Roman eigentlich verboten ist, kann ich auch nicht sagen! Preislich liegen die Exemplare zwischen 50 und 175 Euro — ein knappes Gut steigt eben im Preis.

Allerdings, wenn man die Leserrezensionen auf der Amazon–Seite (mit der entsprechenden Vorsicht und kritischen Distanz natürlich) liest — und ich lese einige dieser Meinungen von Lesern auf Amazon–Seiten zu Büchern, die ich selbst gelesen habe — dann erweckt das alles nicht den Wunsch in mir, den Roman zu lesen. Das hindert mich aber nicht, dafür einzutreten, daß jeder Andere, der es möchte, ihn lesen können sollte.

Wednesday, July 26, 2006

carryabigsticker.com

I’m living with war everyday
I’m living with war in my heart everyday
I’m living with war right now
Neil Young

Jupiters neuer roter Fleck

Auf dem Jupiter wachsen zwei Tiefdruckgebiete zusammen, so daß der seit langem bekannte "rote Fleck" einen kleinen Bruder bekommen hat:

Jupiter
"Gemini Observatory/AURA"
Gemini Captures Close Encounter of Jupiter’s Red SpotsJupiters zweites rote Auge

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