Ottos Weblog Maerz 2004

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Monday, March 01, 2004

Read aloud …

30 Little Turtles

"A bottle of bottled water held 30 little turtles. It didn’t matter that each turtle had to rattle a metal ladle in order to get a little bit of noodles, a total turtle delicacy. The problem was that there were many turtle battles for less than oodles of noodles"
… and become a proper Canadian Indian.

"Das Schweinen der Hirten" als Gegensatz zum “Schweigen der Lämmer” über Missbrauch in der katholischen Kirche. — TELEPOLIS

Tuesday, March 02, 2004

Iron John — ein ziemlich gutes Porträt John Kerrys von Joe Klein:

"Kerry has admitted to smoking marijuana a few times, but, sadly, he claims to have been bothered by the smoke. (…) He served as the captain of a small “swift boat”, ferrying troops up the rivers of the Mekong Delta. He was wounded three times in four months, and then sent home – the policy in Vietnam was three wounds and you’re out. His old crewmates remember that he played rock music over the boat’s loudspeaker system—the Doors, the Stones, Jimi Hendrix – before they went on patrol. “He starred in that Marlon Brando movie, Apocalypse Now, long before they ever made it,” Gene Thorson, a former crewmate, says." THE GUARDIAN

Wednesday, March 03, 2004

Noch immer missbrauchen Neonazis den verheerenden alliierten Luftangriff auf Dresden, um von einem “Holocaust” am deutschen Volk zu sprechen, dabei war der Luftkrieg, der eine deutsche Stadt nach der anderen zerstörte, lediglich die Antwort auf den Terror – die Coventrisierung — mit dem die Deutschen Europa überzogen hatten. Unter dem Titel The Legacy of Dresden bringt der GUARDIAN heute eine Besprechung des Buches “Dresden: Tuesday, February 13, 1945” des britischen Historikers Frederick Taylor (HarperCollins Publishers, Feb.2004) von Paul Oestreicher, ehemals Direktor des Centre for International Reconciliation, Coventry Cathedral:

"I had been led to believe that the author had set out to vindicate the RAF for the mass killing of German civilians, as exemplified by the Dresden firestorm that, in one night of horror, incinerated between 25,000 and 40,000 people. However, this well–written, scholarly account does nothing of the kind. It tells a terrible story from the British and German perspectives. Taylor makes no judgment, military or moral. He leaves that to the reader."

Thursday, March 04, 2004

Es gibt da ein paar Leute in Berlin, die es sich zum Ziel gesetzt haben, bestimmte Texte “zu befreien,” will sagen unter Verstoß sämtlicher Copyright–Gesetze frei und kostenlos möglichst vielen Internet-Usern zugänglich zu machen. Ich kenne und nutze die Seite schon eine ganze Weile und versichere, niemanden um etwas betrogen zu haben. Bei den Texten, die ich heruntergeladen habe, handelt es sich entweder um wissenschaftliche oder historische Dokumente oder um Romane, die ich bereits in Buchform (häufig in deutsch und englisch) besitze und mit denen ich literaturwissenschaftlich arbeite. Insofern schätze ich den Umstand, daß die Texte, die ich von Textz.com bezogen habe, mittels der elektronischen Stichwortsuche sehr viel leichter zu bearbeiten sind. Der Vorwurf an sich ist absurd, da sich die umstrittenen Dokumente längst im Google-Cache befinden und damit absolut zugänglich sind. Hier die Dokumentation zum Streit der Leute von Textz.com mit Jan Philipp Reemtsma. Ich mag vor allem das P.S. des offenen Briefes:

"P.S.: We know that German Neo–Fascists have attacked you numerous times for the exhibition on the crimes of the German Wehrmacht, curated by your Hamburg Institute for Social Research, and that they continue to defame you as the "heir of a tobacco company," which not only, and in the first place, perfectly fits an anti-semitic cliché, but also resonates, in many of these defamations, with hints to your "personal responsability for the death of millions of smokers." Please be assured that – even though we don’t share your opinion that said exhibition was a "success," and even though tobacco may be just another commodity that kills – we, as a group of smokers who know the Germans and their history, are on your side, no matter what, in defense of society against Fascism. If you side with us in defense of wealth against scarcity is an entirely different question – but we bet that one day you will."
The Berlin Foundation for the Advancement of Production and Reproduction

Irgendwie macht es mir Sorgen, daß mein schöner Heimatort, die ganze bislang von größeren Katastrophen verschonte Region Nordwestdeutschland in 16 bis 20 Jahren vielleicht unbewohnbar sein wird. Als der SPIEGEL am 22. Februar 2004 davon unter dem Titel Yodas apokalyptische Visionen berichtete, daß der 82 Jahre alte Pentagon–Denker Andrew Marshall eine aufrüttelnde Studie vorgelegt habe, in der er darlegt, daß wenn aufgrund der weltweiten Klimaerwärmung innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte der Golfstrom zuerst seinen Weg ändert und dann ganz abbricht, die weltweiten Auswirkungen zu neuen Kriegen führen könnten, nahmen die normalen Nachrichten davon kaum Notiz:

"Das Szenario ist ebenso bedrohlich wie realistisch: Der Golfstrom, der wie eine riesige Warmwasserheizung Milliarden Liter von Tropen–Wasser in den Norden pumpt, verliert an Kraft, ändert seine Richtung und kollabiert plötzlich ganz. Eisige Winde brausen über Nordeuropa hinweg, verheerende Stürme und Fluten verwüsten die Küsten. Die Wälder sterben ab, die Ebenen an Nord- und Ostsee gefrieren zur Tundra."
He Leute, da wohne ich, das ist genau die Gegend, die ich mag, wo das Klima im Sommer zumeist zwar etwas feuchter, im Winter aber dafür relativ mild ist, weil es den Golfstrom gibt. Natürlich ist der SPIEGEL nicht selbst darauf gekommen, sondern greift auf einen Bericht des britischen OBSERVER zurück, wo es ganz verschwörerisch heißt:
"A secret report, suppressed by US defence chiefs and obtained by The Observer, warns that major European cities will be sunk beneath rising seas as Britain is plunged into a ‘Siberian’ climate by 2020. Nuclear conflict, mega–droughts, famine and widespread rioting will erupt across the world."
Was fällt der Bush-Regierung eigentlich ein, den Klimawandel als Hoax zu begreifen und weiterhin die Unterzeichnung des Kyoto–Abkommens zu verweigern?
"You’ve got a President who says global warming is a hoax, and across the Potomac river you’ve got a Pentagon preparing for climate wars. It’s pretty scary when Bush starts to ignore his own government on this issue," said Rob Gueterbock of Greenpeace."
Ein Kritiker sagt, daß die Bush–Regierung den Report infolge ihrer engen Verbindungen zur US–amerikanischen Ölindustrie gerne unterdrückt hätte:
"(…) the Bush administration’s close links to high–powered energy and oil companies was vital in understanding why climate change was received sceptically in the Oval Office. This administration is ignoring the evidence in order to placate a handful of large energy and oil companies (…)."
Bushs Herausforderer John Kerry erkennt den Klimawandel wenigstens als Problem an, und es ist wahrscheinlich, daß die wichtigste Industrienation mit dem höchsten Kohlendioxyd–Ausstoss die entsprechenden internationalen Verträge unterschreiben wird. Die Wissenschaftler jedenfalls wollen dafür sorgen, daß die Geschichte zum Wahlkampfthema wird:
"Democratic frontrunner John Kerry is known to accept climate change as a real problem. Scientists disillusioned with Bush’s stance are threatening to make sure Kerry uses the Pentagon report in his campaign." Now the Pentagon tells Bush: climate change will destroy us

Tuesday, March 09, 2004

Die CDU/CSU hat ihre Ideen zur Steuerreform vorgelegt. Nun kann niemand mehr guten Gewissens die Rechten wählen oder gar nicht zur Wahl gehen und hinterher sagen, er habe nichts gewußt:

"Runter mit den Löhnen, längere Arbeitszeiten, weg mit dem Einfluss der Gewerkschaften, weniger Sicherheit durch Tarifverträge – auf diese einfachen Botschaften reduziert sich im Kern das Programm, mit dem die Union die Wachstumskrise beenden will." FRANKFURTER RUNDSCHAU

Saturday, March 13, 2004

Die fürchterlichen Bombenanschläge am Donnerstag in Madrid sind natürlich das beherrschende Thema. Überall reden die Menschen darüber und der vorherrschende Tenor bei den Gesprächen ist die Tatsache, daß die Bomben ganz gezielt gegen Unschuldige, Pendler, Studenten, Schüler und Kinder eingesetzt worden sind, völlig unabhängig davon, ob nun die ETA oder fundamentalistische arabische Terroristen dahinterstecken. Gestern Abend haben allein in Madrid mehr als zwei Millionen Menschen gegen die Gewalt demonstriert und der Opfer gedacht.

Die NEW YORK TIMES spricht in ihrem Leitartikel von Ground Zero, Madrid und verweist damit auf das vergleichbare Schicksal von New York und Madrid, hat aber ansonsten wenig zu sagen.

Die ETA, die sich zu ihren Attentaten bislang fast immer bekannt hat, dementiert jetzt heftigst ihre Beteiligung, und angeblich liegen auch Bekennerschreiben von Fundamentalisten vor:

"Dass die ETA ausgerechnet vor den Wahlen Anschläge ausführen würde, bei dem viele Menschen verletzt oder getötet werden könnten, ist zudem schwer vorstellbar und würde nur der konservativen Regierung in die Hände spielen." Ralf Streck: Blutiger Wahlkampf in Spanien
In der TAZ vertritt der Politologe Herfried Münkler hingegen die Ansicht, daß trotz der Ungereimtheiten doch einiges für die ETA spricht, die einerseits vor dem Problem steht, daß ihr angesichts des wachsenden Wohlstandes in ganz Spanien (das Land ist ein echter Gewinner innerhalb der EU) die Mitglieder wegbrechen. Welchen Sinn würde ein unabhängiges Baskenland in einem Europa haben, das gerade dabei ist, immer mehr Kompetenzen von der nationalen auf die europäische Ebene zu verlagern, zumal die Baskenprovinz bereits ziemlich autonom ist. Zum anderen hat sie gesehen, was für einen propagandistischen “Erfolg” die El Kaida mit dem 11. September erzielt hat und könnte zu der Erkentnis gelangt sein, daß, da dreißig Jahre “gemäßigter” Terror nicht zum Ziel geführt haben, es nun einmal anders gehen soll. Der DEUTSCHLANDFUNK zitiert in seiner Presseschau aus einem WESTFALENPOST–Kommentar, der hierzu passt. Dort heisst es, daß der 11. September 2001 unsere Wahrnehmung verändert habe:
"Morde an einzelnen Repräsentanten des Staates werden kaum mehr registriert. Erst eine größere Zahl ‘unschuldiger’ Opfer garantiert weltweit Aufmerksamkeit für die eigene Sache, so lautet seither die Logik des Terrors. Selbst wenn also die ETA Urheber der Anschläge von Madrid war, so hat doch El Kaida indirekt das Ausmaß der Tat mitverursacht."

Ich denke auch, daß eine “Internationale des Terrors” gar nicht einmal so sehr darin bestehen muß, daß es eine direkte Zusammenarbeit gibt. Neben dem im obigen Zitat angesprochenen indirekten Einfluß gibt es noch eine andere Möglichkeit, die mir angesichts der Vehemenz, mit der ETA die Täterschaft abstreitet, gar nicht einmal so absurd vorkommt. Mit Sicherheit verfügt El Kaida über gewisse Kenntnisse der ETA-Strukturen, mithin sind die baskischen Separatisten also jederzeit dahingehend erpreßbar, daß sie gezwungen werden können, ihre Infrastruktur für Attenate zur Verfügung zu stellen. Dazu passt, daß sich eine islamistische Gruppe angeblich zu der Tat bekannt hat, denn wenn die Öffentlichkeit davon überzeugt werden könnte, daß dies kein innerspanischer Bombenanschlag war, sondern im Kontext mit dem Krieg gegen den Terror zu sehen ist, würde dies einerseits eventuell doch den Ausgang der spanischen Parlamentswahlen beeinflussen, andererseits die Fähigkeit der El Kaida demonstrieren, jederzeit und überall zuzuschlagen.

Für Florian Rötzer ist der Krieg gegen den Terror gescheitert:

"Terror steckt an. (…) Ein wesentlicher Motor ist aber sicherlich der Erfolg von Terroranschlägen, der nicht nur durch Medienaufmerksamkeit, sondern auch durch die politische Reaktion verursacht wird. Diejenigen, die gelungene spektakuläre Anschläge planen und ausführen, werden mit ihren Explosionen auch in die Prominenz katapultiert, selbst wenn dies das eigene Leben kostet. Plötzlich scheinen kleine, an sich unbedeutende Gruppen das Schicksal der Welt in der Hand zu haben und zu Gegenspielern der Supermacht zu werden, die dem mächtigsten Mann auf der Erde in Augenhöhe gegenübertreten."
Die konservative spanische Regierung hat gegen die klare Mehrheit der Bevölkerung Truppen im Irak und ist einer der engsten Verbündeten der Bush-Regierung und dieser Anschlag könnte durchaus die Absicht verfolgt haben, die Spanier für diese Haltung ihrer Regierung zu bestrafen. Ähnlich argumentiert auch der SPIEGEL:
"Politischen Experten zufolge könnte eine Täterschaft der Eta der Volkspartei Stimmen zuführen, da die Regierung einen harten Kurs gegen die Organisation geführt hat. Sollten jedoch Islamisten wie al-Qaida dahinter stehen, könnte dies als Reaktion für die Irakpolitik Aznars betrachtet werden."
Natürlich gibt es auch in Deutschland Webseiten von islamistischen Fundamentalisten, und dort wird unter anderem, wen wundert’s, die These von der großen Verschwörungstheorie vertreten, daß die Anschläge von Madrid wie auch 9/11 das Werk der gleichen Täter seien, nämlich der CIA und des Mossad.

Thursday, March 18, 2004

Der angekündigte Rückzug der spanischen Truppen aus dem Irak ist das beherrschende Thema dieser Tage. Die Diskussionen der Kommentatoren der „wichtigen Zeitungen” kreisen dabei hauptsächlich um die Frage, welche psychologischen und praktischen Auswirkungen diese Entscheidung des designierten spanischen Ministerpräsidenten Zapatero im Hinblick auf den Kampf gegen den weltweiten Terror haben wird.

Thomas L. Friedman von der NEW YORK TIMES zieht Parallelen zum Münchner Abkommen von 1936 und stellt der von Präsident Bush beschworenen “Axis of Evil” eine Axis of Appeasement entgegen:

"My dream is that the U.S., Britain, France, Germany and Spain announce tomorrow that in response to the Madrid bombing, they are sending a new joint force of 5,000 troops to Iraq for the sole purpose of protecting the U.N.’s return to Baghdad to oversee Iraq’s first democratic election. The notion that Spain can separate itself from Al Qaeda’s onslaught on Western civilization by pulling its troops from Iraq is a fantasy. Bin Laden has said that Spain was once Muslim and he wants it restored that way. As a friend in Cairo e-mailed me, a Spanish pullout from Iraq would only bring to mind Churchill’s remark after Chamberlain returned from signing the Munich pact with Hitler: "You were given the choice between war and dishonor. You chose dishonor and you will have war."
Man möchte Herrn Friedman mit Supertramp sagen: "Dreamer, you know you are a dreamer (…)." Aber so einfach ist die Sache nicht abzutun. Für eine Beteiligung der Bundeswehr werden die Amerikaner wohl bis nach der nächsten Bundestagswahl warten müssen, denn Kanzler Schröder hat sich nun einmal eindeutig festgelegt, so wie auch Zapatero nur sein Wahlversprechen erfüllt. Von Schröder lernen heißt siegen lernen, mag er sich angesichts der überwältigenden Ablehnung des spanischen Engagements im Irak durch die Bevölkerung vor der Wahl gedacht haben. Selten hat ein demokratisch gewählter Regierungschef so gegen den erklärten Willen seiner Bevölkerung entschieden wie Aznar. Nach den Bombenanschlägen von Madrid hat er zudem die Chance verpaßt, seiner Bevölkerung die Wahrheit zu sagen und die Anschläge zur nachträglichen Rechtfertigung seiner Entscheidung, Truppen in den Irak zu schicken, zu benutzen. Stattdessen hat er gelogen, lügen lassen und, was noch schlimmer in einer Demokratie ist, versucht, die Presse zu dahingehend zu beeinflussen, ebenfalls die Unwahrheit zu sagen. Viel einfacher wäre es gewesen, objektiv Bericht zu erstatten und dann zu sagen: Seht ihr, wie wichtig unser Engagement im Krieg gegen den Terror ist? Wir dürfen uns nicht aus dem Irak zurückziehen, nicht vor dem Terror zurückweichen. Die Terroristen dürfen nicht die Lehre ziehen können, daß der Terror funktioniert. Daß er es nicht tat, war sein Fehler und kann auch von jenen, die für den Irakkrieg waren, nicht der spanischen Bevölkerung vorgehalten werden. Das Argument, daß sich Demokraten in ihren demokratischen Entscheidungen nicht von Terroristen beeinflussen lassen sollten, gilt in beide Richtungen.

Denn das ist die neue Linie, der Krieg gegen Saddam Hussein wird einfach in einen Kontext mit dem Krieg gegen den Terror gestellt. Seit Anschläge im Irak an der Tagesordnung sind, ist diese These ungeprüft Allgemeingut geworden. In Ermangelung von Massenvernichtungswaffen muß jetzt dieses Hilfsargument der Bush-Regierung die Rechtfertigung für die Nachwirkungen dieses Präventivkrieges leisten. Nur über diese Hilfskonstruktion wird das Appeasement-Argument stichhaltig. Ich weiß nicht, ob Friedman für Timothy Garton Ash vom GUARDIAN ein rechtsgerichteter Kommentator ist, aber er nimmt die Spanier vor dem Vorwurf, den Friedman erhebt, in Schutz:

"Rightwing American commentators charge Spanish voters with "appeasement." This is crass. More than three-quarters of the Spanish electorate turned out for a massive defence of democracy in the face of terror. Every single Spanish voter was a soldier in the "war on terror." They voted different ways for all sorts of reasons. Historically, high turn-outs have favoured the left. Some of the former communist electorate voted tactically for the socialists. Many swing voters punished the conservative government of José María Aznar for initially attributing the attacks to the Basque terrorist organisation Eta. And, yes, some emotionally blamed him for having made Spain a more likely terrorist target by supporting Bush’s war on Iraq. But to say that this vote adds up to "appeasement" is a stupid slur."

Saturday, March 20, 2004

Erster Jahrestag des Beginn des Irakkrieges, der zwar einerseits das von seinen Protagonisten gewünschte Ergebnis – die Entmachtung Saddam Husseins, andererseits aber auch das von den Kritikern vorhergesagte Chaos und die Destabilisierung nicht nur des Mittleren Ostens gebracht hat. Die alte Weisheit, daß es zwar leicht ist, einen Krieg zu beginnen, dafür aber um so schwerer, den Frieden anschließend wiederzuerlangen, ist wohl immer noch gültig. Nun kommen den Amerikanern angesichts der Bomben von Madrid ihre Verbündeten abhanden.

"The White House worked to reassure its nervous European partners yesterday, as President Bush faced new criticism from Poland over the decision to launch the war that toppled Iraqi leader Saddam Hussein and his Baath Party dictatorship. Polish president Aleksander Kwasniewski, in the latest challenge among allies to the rationale for the U.S.-led invasion, said he feels "uncomfortable due to the fact that we were misled with the misinformation on weapons of mass destruction."
Peter Slevin in der WASHINGTON POST
Auch wenn das Dementi prompt erfolgt: “Kwasniewski bestreitet Kritik an Bush” – DER SPIEGEL — in Polen sieht man sich getäuscht. Kwasniewski ist entweder ein Blitzmerker oder er hält seine Landsleute und uns Anderen wirklich für dumm, wenn er denkt, daß man diese durchsichtigen politischen Manöver nicht durchschaut. Das finde ich richtig schlimm und ich denke, daß Chirac vor einem Jahr recht hatte, als er die polnische Regierung kritisiert hat. Kwasniewskis Krokodilstränen ob der Lügen um die WMD’s sind, gelinde gesagt, unappetlich, wenn er im gleichen Moment auch Zugeständnisse in der europäischen Verfassungsfrage signalisiert, im dem sein bisheriger europäischer Partner und Mitbremser Aznar die Sache vergeigt hat. Außerdem mag es ihm angesichts des gar nicht mehr so unwahrscheinlichen Wahlsieges von John Kerry langsam zu Bewußtsein gekommen sein, daß Dubya nicht ewig im Weißen Haus sitzen wird.

Aber was nützt es, im nachhinein recht gehabt zu haben, den Saddam wünscht sich keiner zurück und die Botschaft, daß man mit Terror etwas erreichen kann, sollte auch nicht unbedingt verbreitet werden. "Recht gehabt zu haben hilft nicht weiter" ist denn auch die Überschrift zu einer großen Debatte angesichts des Jahrestages, die DER SPIEGEL online veranstaltet. Sowohl “Prominente” als auch der gemeine Leser kommen zu Wort. Aber man muß bei der Wahrheit bleiben und die spanische Lehre ziehen, daß Terror dann und dort funktioniert, wo die Regierungen demokratischer Staaten die Menschen belügen.

Das Problem aber ist in der Tat, nicht aus Rechthaberei im Nachhinein Fehler zu machen, die den ursprünglichen Fehler, den Krieg ohne Not begonnen zu haben, noch verschlimmern. Die internationale Gemeinschaft hat gar keine Wahl als den Müll aufzuräumen, den Bush & Blair fabriziert haben. Insofern sind auch Kriegsgegner skeptisch, welche Botschaft von Madrid ausgeht.

Im GUARDIAN findet sich eine ziemlich harsche Kritik an denjenigen, die uns die Suppe eingebrockt haben, die wir alle auslöffeln müssen. Richard Overy geht mit Bush & Blair hart ins Gericht:

"What, then, are the alternatives? Could anything different have been done? Should something different be done now? Of course. War should have been avoided and other ways explored to get Iraq to re-enter the world economy, and to feed and supply its population properly. The west could show that it is serious about tackling the question of a Palestinian state, instead of using it as a figleaf to clothe its ambitions in the region. Blair could show that he values a commitment to a common European defence and foreign policy, which might have avoided war altogether.
(…)
Last year Blair told the British people: “Let history be my judge.” The history of the past year has been damning, but there is an opportunity for the people to judge as well. The message that the Spanish people sent to José Aznar can also be sent to Bush and Blair. It will not solve the world’s problems, but it might make the world a safer place."
History will damn them. We must not accept our leaders’ illegal occupation of a sovereign state.
In der TAZ sieht das ein Befürworter des Krieges natürlich anders und um der Menschen im Nahen und Mittleren Osten wollte ich, er hätte recht:
"Mir fällt es schwer, nicht berührt zu sein von den Menschen, die ihre religiöse Freiheit leben, die sich in Stadträte wählen lassen, die in einer Demokratie leben wollen. Ich setze auf jene, denen Freiheit so lange verweigert wurde. Wenn wir ihnen ausreichend helfen und alles weitere ihnen überlassen, werden sie ihren selbst bestimmten Weg gehen. Wenn, ja, wenn der Kampf im Irak gewonnen ist, werden wir auf diese schweren Jahre zurückschauen als eine historische Zeitenwende in Nahost." "Hätte al-Qaida den Eiffelturm zerstört, wäre Frankreich im Irak," sagt Michael Ignatieff.
Aber wenn ich die letzten beiden Zitate noch einmal lese, komme ich zu dem Schluß, daß es nur klappen kann, wenn auf der internationalen Ebene Befürworter und Kritiker besser zusammen arbeiten, um den Irak so schnell wie möglich zu einem souveränen demokratischen Staat zu machen und die in den Augen vieler Moslems schändliche und ehrverletzende Besetzung zu beenden:
"The Iraqi people’s new opportunities, real though they are, have been won at an enduringly high price, not just for themselves but for the rest of the world. The invasion was launched in response to a terrorist threat that has, if anything, worsened as a result of the war. Istanbul and Madrid have already experienced terrible violence, while London and other cities await a similar fate. Even if there was no other case to make against the war, this is an outcome that, from an international point of view, casts doubt on the validity of the whole enterprise. In fact, of course, the damage went far wider than that. Mr Bush’s determination to invade, and Tony Blair’s determination to support him, have put global institutions and international process at risk, to say nothing of the credibility of the Labour government at home and abroad. The Iraq war was an act of exceptional recklessness a year ago. It remains that today, even though life in Iraq is in many ways the better for it."
Legacy of Recklessness — THE GUARDIAN

Tuesday, March 23, 2004

Selbstverständlich ist die "gezielte Tötung" – oft auch einfach als "Ermordung" bezeichnet – Scheich Jassins auch heute noch vorrangiges Thema der Zeitungen, Leitartikler und Kolummnisten. Während UNO und EU den Helikopterangriff auf den gelähmten, halbblinden Gründer der Hamas einhellig verurteilten, hält sich die amerikanische Kritik on Grenzen – Ariel Scharon hat es stets sehr gut verstanden, den Amerikanern gegenüber seine Politik als Teil des allgemeinen "Krieges gegen den Terror zu verkaufen. Und wer wollte den Israelis das Recht absprechen, sich gegen terroristische Angriffe zu verteidigen und wer, wenn nicht die "Masterminds" hinter den Selbstmordattentaten, wäre ein natürlicheres Ziel für diese Art der Bekämpfung des Terrorismus. Soviel zu der Version, die selbst moderate Israelis, auf diese Frage angesprochen, gerne den europäischen Medien präsentieren. Vernünftige Leute vergessen dabei in der Regel jedoch nicht, darauf hinzuweisen, daß sie selbst bezweifeln, ob die Entscheidung Scharons politisch weise gewesen ist, selbst wenn man davon überzeugt ist, daß durch die gezielte Tötung das Völkerrecht, nicht, oder eben nur marginal tangiert ist. An der juristischen Schuld sowie der moralischen Verantwortung Jassins kann es wohl angesichts der großen Anzahl von Bombenattentaten, für die Hamas die Verantwortung übernommen hat, keinen Zweifel geben. Aber die Tat wird zu einer Radikalisierung der Palästinenser führen.

Die WASHINGTON POST macht deutlich, daß Scharon genau dies im Sinn, daß er ganz andere Ziele als eine Friedenlösung mit der derzeitigen Palästinenserführung hat. Er wolle, so wird behauptet, die mageren Ergebnisse des zehnjährigen Friedenprozesses umkehren und strebe einen langjährigen Interimszustand an. Dies steckt dann auch hinter seiner Ankündigung, Ghaza räumen zu wollen, sofern nicht die Hamas dann dort das Sagen hätte. Auch deshalb mußte Scheich Jassin sterben:

"Israel’s assassination of the founder and senior leader of Hamas, Sheik Ahmed Yassin, is part of Prime Minister Ariel Sharon’s attempt to radically reshape the Israeli-Palestinian conflict — an initiative that is looking as reckless as it is bold. Mr. Sharon’s intention is to scrap a decade of the “peace process” aimed at a negotiated permanent settlement between Israelis and Palestinians, and instead to impose a “long-term interim” solution in which Israel would retreat behind a fortified border of its own choosing. That would involve an evacuation of Israelis from most or all of the Gaza Strip, and Mr. Sharon has recently faced objections that such a withdrawal could leave Hamas in charge, or at least allow the extremist Islamic movement to boast that its suicide bombings had driven Israel out. With the killing of Sheik Yassin, an operation he supervised personally, Mr. Sharon probably hoped to neutralize these problems even while eliminating one of Israel’s most implacable enemies." Mr. Sharon’s Solution
Scharon geht davon aus, daß die Amerikaner über kurz oder lang die de facto– Annektion Jerusalems sowie großer Teile der Westbank akzeptieren werden, wenn auf palästinensischer Seite kein zum Frieden bereiter Verhandlungspartner zu finden ist.

Wednesday, March 24, 2004

Für die Israelis war Scheich Jassin der palästinensische Bin Laden – dies in Richtung Amerika, nur um noch einmal darauf hinzuweisen, daß nach israelischer Lesart gezielte Tötungen Teil des allgemeinen Krieges gegen den Terror sind. Auch den neuen Hamas-Anführer Abdel Asis Rantisi haben die Israelis schon im Visier und selbst Yassir Arafat muß sich demnach Sorgen um seine Sicherheit machen:

"PA Chairman Yasser Arafat is not immune; no one is immune anymore. We should stop apologizing for defending ourselves," Internal Security Minister Tzahi Hanegbi said Monday night in a statement on the assassination of Hamas founder Sheikh Ahmed Yassin." Hanegbi: Rantisi’s time will come too – Margot Dudkevitch in der JERUSALEM POST
Der Bericht, der immerhin von der “Ermordung” Jassins spricht, faßt die verschiedenen Reaktionen zusammen bis hin zu der Arafats zusammen, dem anscheinend bewußt ist, daß er sehr gut das nächste Opfer eines Raketenangriffs sein könnte:
"He is like a man who was hit on the head because they killed Yassin and now they could kill him," said an aide to Arafat, speaking on condition of anonymity. "He feels his turn is next and he is sad and worried."
Der Versuch des UN-Sicherheitsrates, eine Resolution zur Verurteilung Israels zu verabschieden, ist am Veto der USA gescheitert:
"Meanwhile, the US blocked a draft security council condemnation of the killing of Sheikh Yassin because it made no mention of Hamas terrorism." We’ll wipe out entire Hamas leadership, says Israel — THE GUARDIAN
Gleichzeitig schließen die Amerikaner gefährdete Botschaften und Konsulate in Erwartung einer Antwort durch die Hamas und andere Organisationen.

Thursday, March 25, 2004

Bei ALTER NET wird, auch auf deutsch nachzulesen, Uri Avnery zur Ermordung Scheich Jassins zitiert:

"This is worse than a crime, it is an act of stupidity!"
Das trifft es wohl eher.

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