DIE SAUBEREN SCHWEINE
Eine akkumulative Lektüre zu Thomas Pynchons
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"You can dance. You can make me laugh.
Youve got xray eyes. You know how to sing. Youre a diplomat. Youve got it all. Everybody loves you. You can charm the birds out of the sky. But I, Ive got one thing. You always know just what to say. And when to go. But Ive got one thing. You can see in the dark. But Ive got one thing: I loved you better. Last night I woke up. Saw this angel. He flew in my window. And he said: Girl, pretty proud of yourself, huh? And I looked around and said: Who me? And he said: The higher you fly, the faster you fall. He said: Send it up. Watch it rise. See it fall. Gravitys rainbow. Send it up. Watch it rise. See it fall. Gravitys angel. Why these mountains? Why this sky? This long road. This ugly train. Well he was an ugly guy. With an ugly face. An also ran in the human race. And even God got sad just looking at him. And at his funeral all his friends stood around looking sad. But they were really thinking of all the ham and cheese sandwiches in the next room. And everybody used to hang around him. And I know why. They said: There but for the grace of the angels go I. Why these mountains? Why this sky? Send it up. Watch it rise. See it fall. Gravitys rainbow. Send it up. Watch it rise. And fall. Gravitys angel. Well, we were just laying there. And this ghost of your other lover walked in. And stood there. Made of thin air. Full of desire. Look. Look. Look. You forgot to take your shirt. And theres your book. And theres your pen, sitting on the table. Why these mountains? Why this sky? This long road? This empty room? Why these mountains? Why this sky? This long road. This empty room." "Gravitys Angel" by Laurie Anderson (thanks to Eric B. Dixon)
"Yippies believe in the violation of every law, including the law of
gravity."
"An einer Parabel entlang fliegt das Geschick des Menschen
wie eine Rakete meist im Dunkeln, doch hin und wieder auf einem
Regenbogen."
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"Ein jedes Ding, wann es ufkunt
"Wir sehen, ein jeder, nicht bloß einen anderen Regenbogen, sondern ein jeder
einen andern Gegenstand und jeder einen andern Satz als der andere."
So bliebe denn die Sonne mir im Rücken
Wie der wesenlose Regenbogen spannt sich unsere Seele über den
unaufhaltsamen Sturz des Daseins. Wir besitzen unser Selbst nicht: von
außen weht es uns an.
Alsbald kam der Geist über mich.
There was a time when meadow, grove, and stream,
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"Gravitys Rainbow
leistet eine der umfassendsten Bestandsaufnahmen zum
Zusammenbruch des Newtonschen Weltgebäudes, welche die abendländische
Literatur bis heute vorzuweisen hat."
Klaus Poenicke: Die Rückkehr des Dionysos, Freiheit und Regression in Gravitys Rainbow, Gerhard Hoffmann (ed.): Der zeitgenössische amerikanische Roman, Band 3, Autoren, S. 259.
"As I shall argue, there is a vein throughout the text of
Gravitys
Rainbow
that counters all assertions on unknowability. Pynchon has, in fact,
used a mythology to give structure and values to his fictive world (
)."
"In short, Pynchons fiction is worth writing about for as many reasons as
readers have for reading it."
"Wer Gravitys Rainbow für nicht lesbar hält, sollte die BeckettTrilogie und Finnegans Wake* als Einleitung lesen." Otto Sell *"Well, you know or dont you kennet or havent I told you every telling has a taling and thats the he and the she of it." (213)
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DIE SAUBEREN SCHWEINE
Eine akkumulative Lektüre zu Thomas Pynchons
Gravitys Rainbow (Die Enden der Parabel, 1973)
Es gibt bestimmte Autoren (wie Robert Shea & Robert Anton Wilson), die so
begeistert von Thomas Pynchon waren, daß sie ihn und seinen Stil zu
imitieren versuchten, dabei aber eigentlich nicht so gut waren, aber die Ironie
des Schicksals wollte es, daß sie just deshalb einen gewissen Kultstatus
bei Leuten erlangten, die zuerst lieber Pynchon oder Ishmael Reed (meinetwegen
auch John Barth) hätten lesen sollen als sich durch die weiteren
IlluminatenTrilogien
(Schrödingers Katze,
1981,
Die IlluminatenChroniken,
1982) Wilsons durchzuarbeiten. Allein die Anzahl der verfassten Werke sollte
Anlaß zum Nachdenken über Qualität und Quantität geben.
Aber er hat eine tolle
Website
und sammelt gute
Jokes:
Was Shea und Wilson von Pynchon unterscheidet, ist, dass der
Illuminatus!
und die Folgewerke recht wenig mit dem echten Postmodernismus Pynchons zu tun
haben. Wolfgang Welsch würde sie wohl in seinen diffusen
Postmodernismus einordnen, der seiner Ansicht nach die vielfältige
Kritik an der angeblichen Beliebigkeit der Postmoderne begünstigt hat:
Das Buch hatte mich fasziniert und wurde fürs erste in die Reihe der
bibliophilen Schätze eingefügt, die sich im Lauf der Zeit in meinen
Regalen angesammelt hatten.
Schätze aber haben den Nachteil, daß sie niemandem dienen, sondern
in irgendwelchen Höhlen liegen und verstauben. So geschah es auch mit
meinem Bücherschatz, als ich nach Edewecht, dem Schweineschlachtzentrum des
Ammerlandes, zog und sich der rötliche Staub der Mauersteine auf die
Regale legte, als Eddy uns neue Fenster einbaute.
Das letzte Abenteuer des vom Lande zurückgekehrten domestizierten
Großstadthelden, das ultimative Leseabenteuer des Eindringens in die
Textlabyrinthe des Thomas Pynchon, begann. Das vorläufige Ergebnis sind
(im wesentlichen) diese Webseiten. And theres more to come.
Der Begriff der Parabel trägt bei Pynchon die postmoderne Doppeldeutigkeit
oder
Indeterminacy
bereits in sich. Beide Bereiche, Mathematik und Literatur, die der Begriff
umfassen kann, sind auch gemeint.
Nun ist
Gravitys Rainbow
sicherlich weder eine kurze noch eine einfache Geschichte und es soll mit
Sicherheit auch keine moralischethische oder religiöse Lehre
vermittelt werden. Ich begreife den Text des Romans eher als postmoderne
Warnung davor, Lehren jedweder Art (wissenschaftlich, religiös, politisch
oder historisch) zu verabsolutieren und Menschen vor allem die Kinder,
die bei Pynchon wie in guter utopischer Literatur üblich für die
Zukunft und die Hoffnung stehen Sachzwängen unterzuordnen, die sich
aus solchen Lehren zu ergeben scheinen.
Der Regenbogen wird in der Bibel als Symbol der Hoffnung und des Versprechens
Jehovas eingeführt, die Welt nie wieder durch eine Sintflut zu
zerstören, aber von dem atomaren Feuer und dem darauffolgenden langen
Nuklearwinter, wovon die Welt durch die Interkontinentalraketen während
des OstWest Gegensatzes zwischen 1945 und 1990 bedroht wurde und wohl auch
nach wie vor wird, ist in der Bibel nicht die Rede.
(1)
Gravitys Rainbow
nur mittels einer dekonstruktiven Lektüre adäquat gelesen und
verstanden werden kann. Der Roman entzieht sich einer allgemein verbindlichen
und endgültigen Interpretation dadurch, daß alle Metaphern und
Symbole überdeterminiert sind und lediglich auf andere Metaphern
verweisen. So vermeidet Pynchon eine eindeutige Sinnzuweisung und gestaltet
Metaphernketten, die zwar die Handlungsebenen (plots und subplots) des
Textes miteinander verkoppeln, aber keine narrative Logik schaffen. (Douglas
Fowler)
(2) Neben der Rakete, deren parabelförmige Flugbahn den Roman als zentrale
Metapher von der ersten bis zur letzten Seite umspannt, verwendet Pynchon vor
allem die Null oder Zero, um die Vielzahl der zitierten technischen oder
metaphysischen Metaphernsysteme, Diskurse oder Metaerzählungen zu
verbinden. Die Null funktioniert infolge ihrer semantischen Vieldeutigkeit
hierbei als Wendepunkt, Interface oder Crossover Point zwischen den jeweiligen
Binäroppositionen.
(3) Ausgehend von der Rakete als zentraler Metapher für den Todestrieb des
westlichen rationalistischen Denksystems warnt
Gravitys Rainbow
vor dem Factory System, von dem Pynchon in seinem Aufsatz
über den
Luddismus
spricht, das sich längst verselbständigt hat und dessen Geiseln wir
alle sind. Wie Pynchon in dem Essay
Is it OK to be a Luddite?
aufzeigt, liegt seinem Denken die Vorstellung von diesem, von
wissenschaftlichem und puritanischem Denken beherrschten Factory
System zugrunde, einer körperlosen, allumfassenden Struktur, in deren
Geiselhaft die ganze Welt gekommen ist und deren markanteste Eckpunkte für
Pynchon bis jetzt die Entwicklung der Atombombe, die V2, der Holocaust und
Hiroshima sind, die darauf schließen lassen, daß die politisch
Verantwortlichen dereinst noch ganz andere Dinge geschehen lassen könnten.
Die Maschinenstürmer unserer Zeit sehen sich eben, so Pynchon, nicht mehr
dem individuellen Fabrikeigentümer und Kapitalisten und deren
Webstühlen wie ehedem gegenüber, sondern wir alle sind einem
permanent power establishment of admirals, generals and corporate
CEOs,
einem Konglomerat der Macht ausgesetzt, gegen das wir durchschnittlichen
armen Bastarde einfach nichts zu melden haben.
P.S. Da es vorrangig um Literatur geht, ist dies eine hauptsächlich
textorientierte Webseite, also browserfreundlich mit wenigen Bildern,
so wie meine
Homepage
auch einmal aussah, ehedem.
Außerdem respektiere ich Pynchons
Wunsch, nicht fotographiert zu werden und es würde auch keinen Sinn
machen, noch eine Website mit den wenigen Bildern, die es von ihm gibt, ins
Internet zu stellen. Es gibt schon genug graphische Sites (Byron the Bulb,
Larry Daw), die sich künstlerisch oder humoristisch mit dem Werk, aber auch
der Person Pynchon beschäftigen. So ist der Sinn und Zweck dieser Seiten
zum einen darin zu sehen, daß durch die Sammlung der Links ein
deutschsprachiger PynchonKnotenpunkt im Mycel des Internet entsteht. Im
weiteren verfolgt der Aufbau einer auf allen 73 Episoden des Buches basierenden
Hypertextstruktur den Zweck, dem «offenen Sinn» des Romans gerecht zu
werden. Insofern soll keine abschließende «Lesung» angeboten
werden. Eher soll es darum gehen, das Material für weitere Lesungen und
Interpretationen anzubieten, auf Sekundärliteratur und auf andere und/oder
ähnliche Autoren zu verweisen, um dieses Werk aus der esoterischen Ecke
herauszuholen, in die es durch das Verdikt der angeblichen Unlesbarkeit
durch die fortwährenden Vergleiche mit anderen literarischen Grosswerken
wie Cervantes
Don Quixote,
Melvilles
Moby Dick
oder Joyces
Ulysses
gedrängt worden ist.
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