Episode 10 (99-116) (60-71)

December 18-20 (Monday-Wednesday), 1944. Slothrops Sodium Amytal Halluzinationen: der Kenosha Kid, Roseland Ballroom (1939), Malcolm X (El Hajj Malik El Shabazz), Slothrops Mundharmonika: das Spiel mit der binären Opposition von weiß und schwarz, shit, Aardvark


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But you never did the Kenosha Kid

Slothrops Sodium Amytal Halluzinationen

Im St. Veronica’s Hospital (Episode 8) wird Slothrop von Pointsmans Ärzten mit Sodium Amytal behandelt, der klassischen Wahrheitsdroge der Hollywoodfilme (Weisenburger, p. 44), und über seine Erlebnisse im Bostoner Stadtteil Roxbury befragt.

Weisenburger berichtet weiter unter Berufung auf Ruth A. McIntyre: William Pynchon - Merchant and Colonizer, Springfield, Mass.: Connecticut Valley Historical Museum, 1961, daß William Pynchon (Episode 54) den Ort Roxbury 1630 gegründet hatte, der als Stadtteil Bostons seit den 20er Jahren zum Ghetto der Stadt geworden war.

Malcom X

Slothrop trieb sich zu Anfang des Krieges in Roxbury herum und ging in den Roseland State Ballroom in der Massachusetts Avenue, wo Malcolm Little alias Malcolm Red, der spätere, am 21. Februar 1965 im Audubon Ballroom in Harlem ermordete Malcolm X, als Schuhputzer arbeitete:
“During the summer of 1940, Malcolm X worked
as a shoeshine boy in the Roseland men’s room.”

(Weisenburger, p. 45)
Pynchons Quelle für diese Information ist die Autobiographie von Malcolm X (Malcolm Little), 1966 posthum erschienen und 1992 von Spike Lee verfilmt. Der Film beginnt nach dem Vorspann, der von aktuellen Rodney King–Bildern untermalt ist, mit einer Schuhputzszene.

Malcolm X wurde am 19. Mai 1925 in Omaha, Nebraska, geboren. Sein Vater war ein Baptistenprediger und Anhänger von des schwarzen Nationalisten Marcus Garvey (Back to Africa), seine Mutter eine hellhäutige Schwarze, deren Mutter von einem Weißen vergewaltigt worden war. 1929 wurde das Haus der mittlerweile nach Lansing, Michigan, verzogenen Familie von weißen Rassisten in Brand gesteckt, zwei Jahre später wurde der Vater ermordet. Die Mutter landete in einer Nervenklinik, weil der Tod von den Behörden als Unfall dargestellt wurde. Als Jugendlicher war Malcolm stolz auf seine Hellhäutigkeit und roten Haare, beides ein genetisches Erbe seines weißen Großvaters.

Er verließ die Schule nach der achten Klasse und hatte verschiedene Jobs, betrieb aber lieber Zuhälterei, wurde kokainsüchtig und wurde 1946 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, wo er den Black Muslims auffiel.

Eine Schlüsselszene in Malcoms Leben war ohne Zweifel das Lesen und Abschreiben von Webster’s Dictionary unter Anleitung des “Bruders,” der ihn für die Black Muslim Bewegung des Elijah Muhammed (Nation of Islam) rekrutierte:

“Malcolm copied a dictionary from A to Z”
(Death and Transfiguration, Time, March 5, 1965)
und wurde nach seiner Entlassung 1952
“(…) der bedeutendste Erfolg der Agitation der Muslims unter schwarzen Gefangenen. Sein Schicksal war kein Einzelfall, sondern eines unter Tausenden. Beispielhaft war nur der Aufstieg des 1946 wegen Raubüberfalls zu zehn Jahren Gefängnis Malcolm X aus der Selbsterniedrigung in die revolutionäre Auflehnung.”
(Volkhard Brandes/Joyce Burke: Vom Rassenkampf zum Klassenkampf, p. 119).
Das erste Wort in Webster’s Dictionary ist «Aardvark», aber auch ein Blick auf die vielfältige Bedeutung des Wortes «schwarz» im Englischen dürfte für Malcolm interessant gewesen sein.
DIRTY, SOILED – hands black with grime
5a: characterized by the absence of light –a black night–
b: reflecting or transmitting little or no light –black water–
c : served without milk or cream –black coffee–
6a: thoroughly sinister or evil : WICKED –a black deed–
b: indicative of condemnation or discredit –got a black mark for being late–
7: connected with or invoking the supernatural and especially the devil – black magic –
8a: very sad, gloomy, or calamitous – black despair–
b: marked by the occurrence of disaster –black Friday–

Slothrops Mundharmonika

Pynchon verarbeitet in dieser Szene den gesamten aufgestauten Rassismus in der Haltung des weißen Amerika zur schwarzen Bevökerung. Slothrop verliert seine Mundharmonika in der Toilette, als er sich erbrechen muß. Um sie wiederzuholen, kriecht Slothrop kopfüber in die Schüssel und setzt sich damit der Gefahr aus, von Malcolm und seinen Freunden vergewaltigt zu werden. Diesem Schicksal kann er nur entgehen, indem er völlig in die Röhre kriecht und eine comic–hafte Reise durch die Kanalisation antritt, wie sie Robert Crumb gezeichnet hätte können. Die Mundharmonika taucht aber erst in der 62. Episode wieder auf (622-23).

Literatur

Volkhard Brandes/Joyce Burke: U.S.A. – Vom Rassenkampf zum Klassenkampf – Die Organisierung des schwarzen Widerstandes, dtv, München 1970.

Links

Aardvark - the first word in Webster’s Dictionary

Aardvarks – auf der Fusionanomaly – Website.


Episode 9 Episode 11

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Professor Irwin Corey Accepts the National Book Award for Thomas Pynchon
Charles Hollander: Pynchon’s Inferno
Douglas Kløvedal Lannark: Paperware to Vaporware, The Nativity of Tyrone Slothrop
Douglas Kløvedal Lannark: Mason & Dixon: Astrological Review
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© Otto Sell – Monday, June 26, 2000
Last update Thursday, December 24, 2009

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