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EinleitungDer Meister NaßreddinUnser Meister Naßreddin,*) der türkischen Nation angehörend, hat sich in der Welt einen solchen Ruf erworben, daß ich glaube, es existiert kein Greis noch Jüngling, der nicht schon von dem gelehrten Meister gehört hat, ja der nicht, ganz abgesehen von den von ihm erzählten Anekdoten, schon bei der bloßen Nennung seines Namens lächeln müßte. In neuerer Zeit sind sogar einige von seinen Schwänken ins Französische übersetzt**) worden, wodurch er auch den Europäern bekannt zu werden begonnen hat. Wenn wir bei den dem Meister zugeschriebenen Anekdoten von einigen im Laufe der Zeit ausgemerzten Stücken absehen, so finden wir bei der Mehrzahl derselben in der Art des Scherzes nichts als den Ausdruck der Wahrheit und Weisheit. Deshalb verdient der Verewigte***) ein vollendeter, in der Schule der Natur gebildeter Philosph genannt zu werden. Sein Leib ruht in Akschehir,) sein Name wird in jeder Stadt genannt. Der Verewigte gehörte zu den hervorragenden Männern im Zeitalter des Fürsten Bajesid Jildirim.) Einer seiner Nachkommen war zur Zeit Murad III*) nach Konstantinopel gekommen, wo er einen Posten als Registrator erhalten hatte, und wollte daselbst eine Petition einreichen, um auf Grund der Erklärung seiner Abstammung aus den kaiserlichen Stiftungen eine gewisse Summe zur Deckung seiner Übersiedelungskosten zu erhalten. Zu diesem Zwecke begab er sich nach dem Palast des Großwesir, ließ jedoch sein Pferd auf dem Platze vor demselben und band es an die große Trommel der Wache an. Das Pferd zog die Trommel nach sich und wurde dadurch scheu, und so mehr es scheute, desto mehr schleifte es dieselbe umher. Nun befanden sich zufällig an diesem Tage eine Reihe von Maultieren daselbst, die ebenfalls scheu wurden, wodurch ein solcher Tumult entstand, daß die Leute fragten: "Was ist das? Wer hat das angebunden?" Infolgedessen war jeder Zweifel ausgeschlossen, daß der zum Nachweis seiner Abstammung Kommende wirklich zu den Nachkommen des Verewigten gehörte, und mit den Worten: "Es bedarf weiter keines Beweises," wurde seinem Gesuche entsprochen. Was die drolligsten und charakteristischsten der Schwänke betrifft, die wie geflügelte Worte im Munde aller sind, so ist die Mehrzahl derselben weder aufgezeichnet noch gedruckt worden. Eien frühe gedruckte und auch ins Französische übersetzte Sammlung seiner Schwänke enthält leider nur die gewöhnlichen Anekdoten. Eine große Anzahl von Schwänken, welche dem Verewigten zugeschrieben werden, aber in dem genannten Buche nicht enthalten sind, sind nun mit einigen aus gedruckten Werken entnommen vereinigt worden, und so wird dieses Werk zum erstenmale der Öffentlichkeit übergeben, wobei auf die Anfertigung der Abbildungen die größte Sorgfalt verwendet werden. Tewfik
*) Wörtlich: Stütze des Glaubens. Siehe Vorwort.
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