Jonathan Littell "Die Wohlgesinnten"(2006 "Les Bienveillantes" 2008 "Die Wohlgesinnten") |
An welches Land denkt man automatisch zuerst, wenn man das Wort
Literaturskandal
hört richtig, an Frankreich, und das nicht erst seit Michel
Houellebecq oder Frédéric Beigbeder, denn schon 1856 mußte
sich Gustave Flaubert wegen seiner "Madame Bovary" vor Gericht verantworten,
und eigentlich erwartet man alle paar Jahre einen solchen literarischen Skandal
in unserem Nachbarland, wo 1959 immerhin William S. Burroughs "Naked
Lunch" zu einem Zeitpunkt verlegt werden konnte, als dies in den USA noch
unmöglich war.
Die schlechte Nachricht also gleich zuerst: der diesjährige
französische Literaturskandal findet in Deutschland statt, ist also weder
humorvoll noch angemessen und die üblichen Verrisse der üblichen
Verdächtigen, das übliche Genöle über die angebliche
pornographische Mittelmäßigkeit des Werkes erinnern an all den
Unsinn, den das Feuilleton seinerzeit über Thor Kunkels Roman "Endstufe"
(2004) geschrieben hatte. Zum Glück aber gibt es auch andere Deutungen.
Anstatt sich auf das literarische Spiel einzulassen, zu dem der 1967 in New
York geborene Autor jüdischer Abstammung den Leser dadurch einlädt,
dass er in die Rolle eines fiktiven, zudem noch homosexuellen SSOffiziers
schlüpft (wer dächte da nicht an Pynchons
Major Weissmann),
scheint es einen unausgesprochenen
deutschen
Konsens zu geben, dass es einfach unangemessen ist, einen solchen Menschen
ohne die gebotene Betroffenheitshaltung (und auch noch quasi ungefiltert) zu
Wort kommen zu lassen.
Das geht so nicht!
Mittlerweile werden die Verrisse von Iris Radisch zu einer Empfehlung für
mich, und ich widerspreche ihrer zentralen These gerne, dass Littell seinem
Protagonisten Aue gestatten würde, "den Nachlass des Nationalsozialismus"
zu polieren. Nichts, so behaupte ich, läge ihm ferner, und da die
Intention des Autors eines Textes bei der Interpretation letztlich irrelevant
ist, füge ich hinzu: die mir bis jetzt vorliegenden Seiten des Romans tun
das auch nicht.
Als Deutscher könnte ich mir für ein solches literarisches
Unterfangen, die Verarbeitung der historischen Fakten über den Holocaust
in einem fiktionalen Werk, erzählt aus der Perspektive eines der
Täter, eigentlich keinen besseren Autor als einen jungen Menschen
jüdischer Abstammung vorstellen, der der Frage nachgeht, wie es geschehen
konnte, dass eigentlich gebildete und zivilisierte Menschen, die einer
hochentwickelten Kultur eines Landes entstammen, das sich selber als das Land
der
Dichter und Denker
empfindet und beschreibt, zu bereitwilligen Schergen einer mörderischen
Rasseideologie werden konnten, die mit Hilfe dieser Menschen den
größten und in seiner Ausführung und Perfektion einmaligen
Völkermord in der Geschichte der Menschheit begangen hat. Mit, wie ich
nicht erst seit den ersten Seiten dieses Romans weiß, deutscher
Gründlichkeit und Perfektion, immer wieder gerechtfertigt mit dem Verweis
auf Befehl und Gehorsam:
"Die Vernichtung der europäischen Juden zwischen 1933 und 1945 erscheint
uns heute als ein in der Geschichte beispielloses Ereignis. In der Tat hatte es
in Ausmaß und Gestalt nie zuvor etwas Vergleichbares gegeben. Fünf
Millionen Menschen wurden in einer geplanten Unternehmung in dem kurzen
Zeitraum von nur wenigen Jahren getötet. (
) Die Bedeutung der
historischen Beispiele läßt sich am besten im administrativen
Bereich erfassen. Die Vernichtung der Juden war ein administrativer
Prozeß; die Auslöschung des Judentums bedurfte der schrittweisen und
systematischen Einführung administrativer Maßnahmen. Die
Möglichkeiten einer modernen Gesellschaft, in kurzer Zeit eine große
Anzahl in ihrer Mitte lebender Menschen zu töten, sind begrenzt. Hier
besteht ein Effizienzproblem allergrößten Ausmaßes, das
zahllose Hindernisse und ungezählte Schwierigkeiten mit sich bringt. Doch
beider Durchsicht des dokumentarischen Materials zur Judenvernichtung
stößt man zugleich auf die Tatsache, daß der deutsche
Verwaltungsapparat wußte, was er tat. Mit unfehlbarem Orientierungssinn
und erstaunlichem pfadfinderischen Gespür fand die deutsche
Bürokratie den kürzesten Weg an ihr Ziel."
Nein, zimperlich ist Littell nicht, wenn er, pedantisch wie ein deutscher
Beamter, den Leser schon recht früh im Roman auf
die
Fakten
verweist, die diesem zugrunde liegen:
"Halten wir uns also an die Zahl von Professor Hilberg, womit sich insgesamt
folgendes Bild ergibt:
(
) Die militärische Auseinandersetzung mit der UdSSR hat offiziell
vom 22. Juni 1941 um drei Uhr morgens bis zum 8. Mai 1945 um 23.01 Uhr
gedauert, was drei Jahre, zehn Monate, sechzehn Tage, zwanzig Stunden und eine
Minute ergibt, abgerundet sind das 46,5 Monate, 202,42 Wochen, 1417 Tage, 34004
Stunden oder 2040241 Minuten (die überzählige Minute mitgerechnet).
Für das als »Endlösung« bezeichnete Programm legen wir den
gleichen Zeitraum zugrunde: Vorher, als noch nichts entschieden oder
systematisiert war, sind die jüdischen Verluste eher zufälliger
Natur. Setzen wir unser Zahlenspiel fort: Auf die Deutschen entfallen 64516
Tote pro Monat oder 14821 Tote pro Woche oder 2117 Tote pro Tag oder 88 Tote
pro Stunde oder 1,47 Tote pro Minute dies der Durchschnitt für jede
Minute jeder Stunde jeden Tages jeder Woche jeden Monats jeden Jahres für
die Dauer von drei Jahren, zehn Monaten, sechzehn Tagen, zwanzig Stunden und
einer Minute. Für die Juden, die sowjetischen eingerechnet, erhalten wir
rund 109677 Tote pro Monat oder 25195 Tote pro Woche oder 3599 Tote pro Tag
oder 150 Tote pro Stunde oder 2,5 Tote pro Minute für den gleichen
Zeitraum. Auf sowjetischer Seite schließlich ergeben sich ungefähr
430108 Tote pro Monat, 98804 Tote pro Woche, 14114 Tote pro Tag, 588 Tote pro
Stunde beziehungsweise 9,8 Tote pro Minute, gleicher Zeitraum. Das ergibt unter
dem Strich für meinen Tätigkeitsbereich einen Durchschnittswert von
572043 Toten pro Monat, 131410 Toten pro Woche, 18722 Toten pro Tag, 782 Toten
pro Stunde und 13,04 Toten pro Minute, und das für alle Minuten aller
Stunden aller Tage aller Wochen aller Monate jeden Jahres des gegebenen
Zeitraums, der, erinnern wir uns, drei Jahre, zehn Monate, sechzehn Tage,
zwanzig Stunden und eine Minute umfasst. Diejenigen, die sich über die
überzählige und in der Tat etwas pedantisch wirkende Minute lustig
gemacht haben, mögen sich vor Augen halten, dass sie immerhin einen
Mittelwert von 13,04 zusätzlichen Toten bedeutet, und sich, wenn sie denn
dazu fähig sind, dreizehn Menschen aus ihrem Umfeld vorstellen, die in
einer Minute getötet werden."
(Folge 3: Nun zur Mathematik)
Diese, gleichsam manieristisch ausgewälzte Textstelle wäre
literarisch vielleicht unsinnig, langweilig oder vielleicht sogar obszön,
wenn da nicht der letzte Satz des Abschnitts wäre, der die distanzierte
Information, die ein Geschichtswerk vermittelt, auf die individuelle
Perspektive des Lesers zurückverweist.
Worum es Littell geht (und was ihm anscheinend auch gelingt), ist der
literarische Versuch eines Einblicks in die Innenwelt eines Monstrums, das sich
nicht als solches empfindet, kaum mehr empfinden kann, weil sein
monströses Handeln innerhalb des monströsen und verbrecherischen
Rahmens, in dem es stattfindet, eben nicht als abartig gesehen wird, sondern
normal ist. Und an dieser Stelle bekommt der Roman eine anthropologische
Wendung, die Littell auch vorgehalten worden ist, die bereits in den ersten
Sätzen des Romans mitschwingt und somit das übergeordnete
Thema vorgibt. Der Leser sieht sich vor die Frage gestellt: inwieweit betrifft
es
uns alle,
wie weit würden wir gehen, wenn wir uns innerhalb eines solchen Rahmens,
mit äußerst beschränkten Möglichkeiten, uns dem allen zu
entziehen, wiederfinden würden:
"Ihr Menschenbrüder, lasst mich euch erzählen, wie es gewesen ist.
Wir sind nicht deine Brüder, werdet ihr antworten, und wir wollen es gar
nicht wissen."
(Folge 1: Toccata)
Nun, einige von uns schon, und zwar, wenn es geht, aus den unterschiedlichsten
Blickwinkeln und Perspektiven, bitte, damit unser Gesamtbild so umfassend wie
möglich sein möge, wenn es schon unmöglich ist, die
tatsächliche Ungeheuerlichkeit des Holocaust zu begreifen! Und so wie uns
Thor Kunkel die "Wochenscheuen" präsentierte, die zwar vom System
profitierten, sich ihm aber nicht zugehörig fühlten und sich der
Illusion hingaben, ihr Abscheu vor dem System schütze sie vor
Verantwortung, präsentiert uns Littell einen absolut entgegengesetzten
Charakter. Max Aue setzt sich in explizit von jenem Schuldeingeständnis
ab, das Hans Frank in der Nürnberger Haft abgegeben hatte, und betont,
dass seine Aufzeichnungen
"(
) zumindest frei von jeglicher Reue sein werden. Ich bereue nichts: Ich
habe meine Arbeit getan, mehr nicht. (
) Ich bin nicht Hans Frank, ich
hasse Getue."
(Folge 1: Toccata)
Diesem Argument ist man ständig im Westdeutschland der sechziger und
siebziger Jahre begegnet. Es begann in der Familie, wenn man als
Sechsjähriger nach den ersten AuschwitzBildern und Filmen
harmlos gefragt hatte, wer denn die Nazis gewesen seien, als erstes die Antwort
"wir" und in den folgenden Jahren immer wieder genau jene Begründung des
Max Aue zu hören bekam, und setzte sich in der Schule fort, wo man
ständig darauf verwiesen wurde, dass auch
die Anderen
Dreck am Stecken hätten. Dann die Ausbildung im Versorgungsamt, wo ich
Kriegsopferrenten zu berechnen lernte, und wo nach dem Krieg bevorzugt Leute
eine Beamtenstelle erhalten hatten, die Bezüge nach dem "131er Gesetz und
eine Kriegsversehrtenrente" bezogen: für den Holocaust wären immer nur
ganz wenige spezielle Verbrecher ("die SS") verantwortlich gewesen und man
selber habe im übrigen nur auf Befehl gehandelt und gemäß der
Vorschriften seine Arbeit gemacht. Aus den Akten ging die Wahrheit
natürlich nicht hervor, aber irgendwie hat mich das Gefühl niemals
verlassen, dass die Täter besser versorgt wurden als die überlebenden
Opfer...
Soviel zu den persönlichen Voraussetzungen. Literarisch erhebt sich
natürlich die Frage nach Thomas Pynchons "Gravitys Rainbow", wo der
Holocaust allerdings weitestgehend ausgeblendet bleibt, ohne dass der Vorgang
jedoch gänzlich verschwiegen würde. Es gab hierzu ernsthafte
Auseinandersetzungen in der Diskussion des Romans auf der
PynchonMailingListe
und ich tendiere zu der Ansicht, dass die Hinweise deutlich genug für
den Leser sind, ohne dass jede Romanfigur notwendigerweise Kenntnis von den
Vorgängen in den Lagern haben musste. Jedem Leser
des Romans war selbstverständlich klar, was gemeint ist, wenn von
niederländischen Juden die Rede ist, die in den Osten geschickt worden
sind und "geopfert" wurden, um eine Agentin in eine deutsche V2Batterie
einzuschleusen.
"Gravitys Rainbow" ist aber kein historischer Roman, vielmehr ist es eine
postmoderne Absage an die Vorstellung einer tatsächlichen historischen
Wahrheit,
an deren Stelle viele individuelle
Wahrheiten
getreten sind, all jene Erzählungen, die auch wir als die Anekdoten
dieses Krieges kennengelernt haben. In "Die Wohlgesinnten" stellt Jonathan
Littell diesen Anekdoten nun eine Anekdotensammlung anderer Art gegenüber,
ein Bündel all jener Anekdoten, die man bislang vergessen hat
zu erzählen, entlang der historischen Geschichte des Holocaust, wie wir sie
aus den Büchern von Hilberg, Lanzmann und Goldhagen kennen. Und er macht
uns Nachgeborenen alle zu Mittätern, einfach indem er uns zeigt, wie wenig
wir uns im Grunde von einem Menschen wie Max Aue unterscheiden:
"Überlegt einmal: Woran denkt ihr im Laufe eines Tages? Im Grunde an sehr
wenig. Es wäre doch ein Leichtes für euch, eure alltäglichen
Gedanken vernünftig zu klassifizieren: praktische oder mechanische
Gedanken, Planung der Zeit und Handlungsabläufe (Beispiel:
Kaffeewasser vor dem Zähneputzen aufsetzen, aber erst danach Brot toasten,
weil es früher fertig ist), berufliche Probleme, Geldsorgen,
häusliche Schwierigkeiten, sexuelle Fantasien. Ich erspare euch die
Einzelheiten. Beim Abendessen betrachtet ihr das alternde Gesicht eurer Frau,
die euch viel reizloser erscheint als eure Geliebte, ansonsten aber in jeder
Hinsicht die Richtige ist; was solls, so ist das Leben, also redet ihr
über die letzte Regierungskrise. In Wahrheit ist euch die letzte
Regierungskrise herzlich egal, aber über was solltet ihr sonst reden?
Klammert diese Gedanken aus, und ihr werdet mir zustimmen, dass nicht viel
bleibt. Natürlich gibt es auch andere Augenblicke. Zwischen zwei
Waschmittelwerbungen unerwartet ein Tango aus der Vorkriegszeit, sagen wir,
Violetta, und schon sind auch das nächtliche Plätschern des Flusses,
die Lampions der Buden und der leichte Schweißgeruch auf der Haut einer
heiteren Frau wieder da; am Eingang eines Parks ruft das lächelnde Gesicht
eines Kindes dasjenige eures kleinen Sohnes wach, kurz bevor er laufen lernte;
auf der Straße bricht ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke und bringt
die großen Blätter und den weißen Stamm einer Platane zum
Leuchten: Und plötzlich denkt ihr an eure Kindheit, an den Schulhof, auf
dem ihr Krieg spieltet, mit Schreckensgeschrei und Glücksgeheul. Da habt
ihr einen menschlichen Gedanken. Aber das kommt sehr selten vor."
(Folge 1: Toccata)
Doch wenn man die Arbeit, die banalen Verrichtungen, die alltägliche
Hektik unterbricht, um sich ernsthaft einem Gedanken zu widmen, sieht alles
ganz anders aus. Dann kommen die Dinge bald in schweren schwarzen Wellen hoch.
Nachts zergehen die Träume, entfalten und vervielfältigen sich und
lassen eine feine feuchtbittere Schicht im Kopf zurück, die nach dem
Aufwachen lange braucht, bis sie sich auflöst. Damit wir uns nicht falsch
verstehen: Hier geht es nicht um Schuldgefühle oder Gewissensbisse. Die
gibt es natürlich auch, das will ich nicht leugnen, aber mir scheint, die
Dinge liegen viel komplizierter. Selbst ein Mensch, der nicht im Krieg war, der
nicht töten musste, wird erlebt haben, wovon ich rede. Die Rückkehr
der kleinen Bosheiten, Feigheiten, Falschheiten und Schäbigkeiten, die wir
uns alle irgendwann haben zuschulden kommen lassen. Kein Wunder also, dass die
Menschen die Arbeit erfunden haben, den Alkohol, das müßige
Geschwätz. Kein Wunder, dass das Fernsehen solche Erfolge feiert."
(Folge 2: Aue ein Henker und Spitzenfabrikant)
Die Postmoderne war eine Folge des 2. Weltkrieges, und durch die Erfahrung des
Holocausts kann niemand mehr in die vermeintliche "Unschuld" der Welt jener
Zeit vor dem Großen Krieg zurückkehren:
"All das hat für mich viel von seinem Reiz verloren. Der Körper eines
schönen Jünglings, eine Skulptur von Michelangelo, das macht keinen
Unterschied: Der Atem stockt mir nicht mehr. Es ist wie nach einer langen
Krankheit, wenn einem nichts mehr schmeckt, wenn es egal ist, ob man Rind oder
Huhn isst. Man muss Nahrung zu sich nehmen, das ist alles. Ehrlich gesagt, gibt
es nicht viel, woran ich Interesse finde. Möglicherweise an der Literatur,
aber auch da weiß ich nicht so recht, ob es nicht reine Gewohnheit ist.
Vielleicht schreibe ich deshalb meine Erinnerungen auf: um mein Blut in Wallung
zu bringen, um zu sehen, ob ich noch etwas empfinde, ob ich noch ein bisschen
leiden kann. Seltsame Übung."
(Folge 3: Nun zur Mathematik)
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LinksWikipedia (de)Wikipedia (fr) Wikipedia (en) Perlentaucher Frankfurter Allgemeine Reading Room eine grossartige Idee. Deutsche Welle Bücherwelt Sendung: 24.02.2008/mp3Download. Kippe, Whiskey, Künstlerposen von Dirk Knipphals, TAZ, 01.03.2008.
Seid ihr überhaupt sicher, dass der Krieg vorbei ist? Eine Werkeinführung von Frank Schirrmacher, F.A.Z., 02.02.2008, Nr. 28, Seite 33.
In der Seele eines Täters von Wolfgang Schneider, DLFBüchermarkt, 24.02.2008, als mp3File .
Die jüdischen Zwillinge Klaus Theweleit greift die LittellKritiker an Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 24.02.2008.
Wem gehört der SSMann? von Klaus Theweleit.
Jonathan Littell erklärt jeden zum Nazi von Tilman Krause, Die Welt 15. Februar 2008.
Am Anfang steht ein Missverständnis von Iris Radisch, DIE ZEIT, 14.02.2008 Nr. 08.
Mögen Sie Käse? Jonathan Littell im FRInterview,
Frankfurter Rundschau,
24.06.2008.
Mir saß er nun gegenüber, dieser bleiche, vierzigjährige
Jüngling mit Ohrring und fahlem Blick, dem man die Leidenschaft, die in
ihm lodert, nicht ansieht. Wie schon abends zuvor trug er unter dem Sommeranzug
ein TShirt mit dem berühmten Spruch aus Melvilles Erzählung
"Bartleby": "I would prefer not to". Seine geradezu schamlose Offenheit
überraschte mich. Sogar eine Tonbandaufzeichnung erlaubte er. Delf
Schmidt, der, von gelegentlichen Lachkrämpfen geschüttelt, daneben
saß, rief in regelmäßigen Abständen das Wort "absurd" in
den Mittagshimmel.
Das Grausamste, beim Lesen kaum Erträgliche in Ihrem Roman ist die
Beschreibung des 1941 von den Deutschen verübten Massakers von Babyn Jar,
jener Schlucht bei Kiew, in der 33 000 Juden planmäßig erschossen
wurden.
Jedes Mal, wenn ich meine Kinder sehe, denke ich: Sie gehen in die Schule und
kommen vielleicht nicht mehr zurück. Es könnte sie jemand
entführen und töten oder in einen Keller sperren wie dieser
Verrückte aus Österreich. Es ist ein schrecklicher Gedanke. Aber was
kann man tun?
Meisterwerk oder Provokation? Jonathan Littells Skandalroman spaltet auch in den USA die Leser von Andrea Köhler, Neue Zürcher Zeitung, 10. März 2009. Lust und Leid von Peter UrbanHalle, Deutschlandfunk, 06.03.2009, als mp3file
Englische LinksThe evil that ordinary men can do by Jason Burke, The Observer, Sunday 22 February 2009.Unrepentant and Telling of Horrors Untellable by Michiko Kakutani, The New York Times, February 23, 2009. A Brilliant Holocaust Novel by Michael Korda, The Daily Beast, February 25, 2009.
The Monster in the Mirror by David Gates, The New York Times, March 5, 2009.
LiteraturDaniel Jonah Goldhagen: "Hitlers willige Vollstrecker Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust", Siedler, Berlin 1996.Joe J. Heydecker, Johannes Leeb: "Der Nürnberger Prozess", Kiepenhauer & Witsch, Köln 1985. Raul Hilberg: "Die Vernichtung der europäischen Juden", durchgesehene und erweiterte Taschenbuchausgabe in drei Bänden, aus dem Englischen von Christian Seeger u.a., S. Fischer, Frankfurt a.M. 1990. Claude Lanzmann: "Shoah", Claasen, Düsseldorf 1986. Thomas Pynchon: "Die Enden der Parabel", Rowohlt (das neue Buch), Reinbek bei Hamburg 1981. |