Neal Stephenson Cryptonomicon
6. Der Same des Onan (105117)Randy Waterhouse in Manila. Rückblenden: Charlenes Barttheorie, die nur eine höchst subtile Weise ist, um Schluß mit Randy zu machen, indem sie wortwörtlich kein gutes Haar an ihm läßt:"Charlene hatte kurz zuvor einen wissenschaftlichen Artikel verfasst, in dem sie Bärte dekonstruierte. Dabei ging es ihr vor allem um die Bartkultur in der nordkalifornischen HighTechGesellschaft Randys Verein. ( ) »Die Fähigkeit, sich aus freien Stücken einen üppigen, dichten Bart wachsen zu lassen, scheint ein Privileg zu sein, das die Natur ausschließlich weißen Männern zugesteht«, schrieb sie. ( ) »Diese Behauptung fußt jedoch auf einer trügerischen Subsumtion. Natur ist ein gesellschaftlich konstruierter Diskurs, keine objektive Realität. ( ) Im Handumdrehen bewies Charlene, dass das Tragen eines Bartes nur ein Element eines Syndroms war, das eng mit rassistischen und sexistischen Einstellungen verbunden war, aber auch mit dem Muster emotionaler Einstellungen, über das sich die Partnerinnen weißer Männer, insbesondere solcher mit technologischer Orientierung, so oft beklagen.Stephenson als eher konventioneller Erzähler macht sich hier gleichermaßen über den Feminismus wie die Postmoderne lustig. Randys und Avis wenig erfolgreiche geschäftliche Vergangenheit in der Softwarebranche (109111). Der Streit um die Superdatenautobahn (111117): Randy sieht sich selbst in seiner Beziehung zu Charlene und deren Freunden als "( ) Zwerg, der vorübergehend seine Kriegsaxt an den Nagel gehängt hatte, um im Auenland Urlaub zu machen, wo er von sich zankenden Hobbits (Charlenes Freunden) umgeben war ( )." (112)Auch in dieser Reminiszenz an J. R. R. Tolkien und seinen ebenfalls konventionell erzählten Herrn der Ringe könnte man durchaus eine Kritik Stephensons an der kritischen Theorie sehen, die er mit Charlenes Barttheorie begonnen hatte. In der Frage des Luddismus, der Maschinenstürmerei, scheint Stephenson eher einen Standpunkt einzunehmen, der dem Thomas Pynchons entgegengesetzt ist. Ein finnischer YaleProfessor namens Dr. G. E. B. Kivistik (siehe auch Kapitel 52 und 94) glaubt, mit Kritik an der Informationstechnologie bei Charlene punkten zu können, und Randy läßt sich provozieren und mischt sich gegen seine Gewohnheit in den Streit der Hobbits ein, um einem armen Würstchen namens Jon beizustehen, der es gewagt hat, sich auf ein Rededuell mit Kivistik einzulassen, als dieser die (wie die Barttheorie) völlig unsinnige Frage aufwirft, wie "viele Slums ( ) für den Bau der Superdatenautobahn dem Erdboden" gleichgemacht werden (113). "Randy hatte die Beziehung zu Charlene mit seinem Kinderwunsch zerstört. Kinder werfen Probleme auf. Damit konnten Charlene wie alle ihre Freunde nicht umgehen. Probleme bedeuten Widerspruch. Widerspruch zu äußern war eine Form des Streits. Und Streit, der unverhohlen in aller Öffentlichkeit ausgetragen wurde, war eine männliche Form sozialer Interaktion das Fundament der patriarchalischen Gesellschaft, die die übliche Litanei schrecklicher Dinge mit sich gebracht hatte. Dennoch beschloss Randy, Dr. G. E. B. Kivistik gegenüber patriarchalisch aufzutreten." (113) In der folgenden Diskussion zwischen Randy und Kivistik wird dieser jedenfalls als positiver Technokrat dargestellt, während jener sowie die anderen Partygäste als abgedrehte Intellektuelle im universitären Elfenbeinturm präsentiert werden, die sich zu Themen äußern, von denen sie nichts verstehen und die zudem konsenssüchtig auch um den Preis der Irrelevanz sind. "Die ProKonsensAntiKonfrontationselemente rissen die Unterhaltung an sich und bildeten kleine Gesprächsgruppen aus Leuten, die sich jeweils völlig einig waren." (117) weitere Randy-Kapitel:
2. Novus Ordo Seclorum
4. Vorstösse
8. Fussgänger
10. Galeone
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5. Indigo
7. Brand
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