Imipolex G
"Imipolex G hat sich als nichts Geheimnisvolleres erwiesen als ein neuer
Kunststoff, nicht mehr, nicht weniger: ein aromatisches, heterozyklisches
Polymer, das 1939, Jahre vor seiner Zeit, von einem L. Jamf für die I.G.
Farben entwickelt worden ist. Es zeichnet sich durch Formbeständigkeit bei
hohen Temperaturen aus, bis hinauf zu 900 Grad Celsius, und vereint hohe
Festigkeit mit einem niedrigen elektrischen Verlustfaktor. Strukturell besteht
es aus vernetzten Ketten von Benzolringen, Sechsecken wie jenem goldenen
über Hilary Bounces Bauch, die hier und da mit dem alternieren, was man
heterozyklische Ringe nennt."
(393)
Information
Slothrop im Hotel Nimbus in Zürich im Gespräch mit dem Russen
Semjawin, der in Slothrop einen
Schockwellenreiter
sieht:
"Das erste, was du hier kapieren mußt, ist die Art und Weise, wie alles
spezialisiert ist. Wenn du Uhren brauchst, gehst du in das eine Café;
dreht sichs um Frauen, gehst du in ein anderes. Pelze sind unterteilt in
Zobel, Hermelin, Nerz. Bei Drogen genauso: Stimulantien, Depressiva,
Psychomimetika . . . Hinter was bist du her?"
"Äh, Informationen?" (
)
"Oh. Wieder einer." Er wirft Slothrop einen mürrischen Blick zu. "Vor dem
Krieg war das Leben einfach. Du kannst dich natürlich nicht erinnern.
Drogen, Sex und Luxusartikel. Währungen waren nur ein Nebengeschäft,
und der Begriff `Industriespionage´ war unbekannt. Ich habe miterlebt, wie
es anders geworden ist wie sehr es anders geworden ist. Die Inflation in
Deutschland hätte mich warnen müssen, eine Kette von Nullen von
Berlin bis hierher. Ich habe mir gut zugeredet: `Semjawin, es ist nur eine
vorübergehende Abweichung von der Wirklichkeit, ein kleiner Fehltritt,
kein Grund, dich aufzuregen. Mach weiter wie bisher, mit festem Charakter und
mit klarem Kopf.
Mut,
Semjawin! Bald geht alles wieder den normalen Gang´ Aber soll ich dir mal
was verraten?"
"Bin gespannt."
Ein tragikerfüllter Seufzer. "Information . . . Was ist denn faul an
Drogen und Weibern? Ist es ein Wunder, daß die Welt verrückt
geworden ist, wenn Information das letzte gültige Tauschobjekt darstellt?"
"Ich dachte, das wärn Zigaretten?"
"Du träumst." Er zieht eine Liste von Zürcher Cafés und
Treffpunkten heraus. Unter Spionage, industrielle, findet Slothrop drei
Adressen. Das Ultra, das Lichtspiel und das Sträggeli. Sie liegen weit
auseinander, auf beiden Ufern der Limmat.
"Beinarbeit."
"Das wird leichter. Eines Tages machen es Maschinen. Informationsmaschinen. Du
bist die Bugwelle der Zukunft."
(406407)
Sinnsprüche für Paranoiker, 3
Proverbs for Paranoids, 3: If they can get you asking the wrong questions,
they dont have to worry about answers.
Sinnsprüche für Paranoiker, 3: Wem es gelingt, dir falsche Fragen
einzureden, dem braucht auch vor der Antwort nicht zu bangen.
(251/397)
Es ist schon beängstigend, wie Pynchon sowohl das Internet und in der
Figur des Semjawin die Suchmaschine vorhersieht, nicht wahr!
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